Migros laufen die Kundinnen und Kunden davon
Die Migros ist an jedem Stammtisch und an jedem Arbeitsplatz seit Monaten das Thema. Aber nicht positiv. Sondern fast ausschliesslich negativ. Viele wissen nicht, was sich die Manager mit dieser Mega-Umstrukturierung gedacht haben. Und immer mehr wenden sich komplett frustriert und verunsichert von Migros ab. Der Migros laufen buchstäblich die Kundinnen und Kunden davon. Und auch beim Personal gilt: Es rette sich wer kann. Mit dem Totalabbau und Verkauf von Fachmärkten werden auch langjährige Kundenbeziehungen auf unschöne Art beendet. Und die kommen nicht wieder.

Anstatt die internen Abläufe, die komplizierte Logistik und den enormen bürokratischen Overhead endlich abzubauen, haben sich die Migros-Manager dafür entschieden, Fachmärkte zu verkaufen, zu verschenken oder komplett einzustellen. Das versteht in diesem Ausmass niemand. Übrigens auch bei der Konkurrenz nicht. So käme es etwa Coop niemals in den Sinn, Jumbo oder Interdiscount zu schliessen oder zu verkaufen. Auch wenn diese nicht immer Gewinn abwerfen. Aber sie werden gemäss Coop-CEO Philipp Wyss "professionell geführt" und es gäbe schliesslich auch im Online-Zeitalter immer das Bedürfnis, Produkte physisch anzufassen und zu sehen.
Die Kostenfalle lauert im Innern
Gewiss, Migros ist zu gross geworden für den Schweizer Markt und hat sich in den letzten Jahrzehnten komplett verrannt. Doch, der Hauptteil der Probleme von Migros liegt nicht bei den Tochtergesellschaften, sondern im Innern des Konzerns und bei der Mentalität.
Unter den jetzt zerschlagenen Tochterunternehmen hatte es einige mit Potenzial und vor allem einige mit extremer Kundenbindung. Von den vielen Tochterunternehmen der Migros sind nicht mehr so viele übrig.
Ochsner Sport etwa übernahm SportX-Filialen, Hotelplan wurde grösstenteils an Dertour verkauft, Micasa ging an das Management, «Do it + Garden» wird ohne Käufer aufgelöst und die Obi-Fachmärkte bleiben zwar, gehen aber wieder zu 100 Prozent an den Obi-Konzern. Die Migros-Führung spricht von einem fast abgeschlossenen Abbauprozess.
Wenn es das war, dann kommt es nicht gut mit der Zukunft der Migros.
Was spart die Migros mit dem Abbau der Fachmärkte ein? Sie spart sich die paar Prozente jährliches Defizit, die einige der Märkte in letzter Zeit produziert haben. Und sie spart sich die Miete/Unterhalt der Flächen und die Kosten all der Stellen, die nicht mehr benötigt werden.
Doch, was die Manager nicht berücksichtigen ist, dass Migros mit den Fachmärkten einen grossen Kundenstamm abgebaut und tief verletzt hat. Stammkunden hatten Gründe, weshalb sie bisher etwa bei SportX oder Melectronics eingekauft haben und nicht bei der Konkurrenz. Kein Wunder, werden diese die Migros künftig bewusst meiden. Die meisten von ihnen lassen sich im Leben nur einmal verarschen. Für das verbleibende Kerngeschäft der Migros, also die Migros-Center mit Lebensmitteln, die Migros Bank und die Migrol-Tankstellen, gibt es weissgott genug Alternativen. Gute und günstigere Alternativen.
Migros kann den Preiskampf nie gewinnen
Die verantwortlichen Migros-Manager sagen, die Zeit werde ihnen recht geben und Migros werde nach der Umstrukturierung wieder zu einer Perle. Wie man den Diskussionsforen und Kommentaren im Internet entnehmen kann, sehen das die Leute auf der Strasse mittlerweile anders. "Migros wird kaputt gemanagt", heisst es da.
Selbst mit dem Abstossen der Fachmärkte kann Migros den Krieg nicht gewinnen. Migros wird nie dauerhaft so günstig sein wie Aldi oder Lidl. Die wirklichen Gründe des Migros-Abstiegs liegen nämlich nicht bei den Fachmärkten, sondern bei den internen Kosten.
Wir haben bei soaktuell.ch schon vor vielen Jahren darauf aufmerksam gemacht. Wenn die Migros nun zwar die Tochterunternehmen los ist, aber auf der gewaltigen internen Kostenstruktur sitzen bleibt, fährt Migros garantiert an die Wand. Die Logistikstruktur und das Marketing sind viel zu gross. Migros beschäftigt hunderte, wenn nicht tausende, von Mitarbeitenden für die Herstellung einer unökologischen Migros-Zeitung aus Papier, die sich Aldi und Lidl nicht leisten, für die Produktion von dämlichen TV-Spots mit Null-Aussagen oder Zeitungsinserate für Aktionen, die niemand mehr anschaut. Aber auch für Strassen-Plakatwerbung, für Lobbying in Bundesbern oder teure externe PR-Agenturen und Unternehmensberater werden Millionen weggeworfen. Im Marketing beschäftigen sich Unmengen von Leuten mit der Bekanntmachung von befristeten Aktionen oder der Entwicklung von "Murmel-Sammelaktionen" und ähnlichem. Solange Migros auf diesem kostenintensiven Nonsens sitzen bleibt, bleiben die Kosten garantiert so hoch, dass Aldi und Lidl immer günstiger sein werden.
Aldi und Lidl gelassen
Deshalb schauen Aldi und Lidl der ganzen Umstrukturierung bei der Migros ja auch so gelassen zu. Sie haben einfach dauerhaft günstigere und gute Produkte, einheitliche Ladenkonzepte, eine einfache logistische Struktur mit wenigen Verteilzentren, ein zentrales Marketing und bringen wöchentlich maximal einen Flyer in alle Briefkästen, der über neue Produkte oder Aktionen informiert. That's it. Mehr braucht es nicht. Und das Geschäft brummt.
Noch immer denken Migros-Manager auf allen Stufen, man käme in der Schweiz nicht an der Migros vorbei. Sie sei gross, stark, von gesellschaftlicher und politischer Bedeutung usw. TV-Beiträge zum 100. Geburtstag der Migros haben gezeigt, dass diese Denkhaltung nach wie vor vorhanden ist. Doch das war einmal. So rostet das alte Schlachtschiff garantiert weiter vor sich her, während sich die Manager in alten Geschichten aus besseren Zeiten suhlen.
Online ist nicht schuld
Wer denkt, der Online-Handel mache alles kaputt, liegt falsch. Der Online-Handel ist ein Segen für die Konsumentinnen und Konsumenten. Erstmals können sie vergleichen - auch die Preise. Migros und alle anderen Player am Markt können nicht mehr machen was sie wollen. Kundinnen und Kunden lassen sich nicht mehr über den Tisch ziehen. Das gilt nicht nur für Elektronikartikel, sondern auch für Ferien, Möbel, Sportartikel, Gartenartikel, aber auch für Autos und Hypotheken usw. Der Online-Handel sowie Konkurrenten wie Aldi und Lidl haben Migros erst dahin gebracht, sind endlich zu bewegen.
Natürlich gehen Kundinnen und Kunden bei grösseren Anschaffungen in ein Fachgeschäft und schauen sich dort die Produkte physisch an. Sie recherchieren dann aber auch im Internet. Und wenn sie das selbe oder ein vergleichbares Produkt im Internet günstiger finden, mit tieferen Lieferkosten, dann sollen sie es auch online kaufen. Deshalb sollte der stationäre Handel flexibler auf den Online-Handel reagieren. Der stationäre Handel kann der Kundschaft etwa anbieten, dass man das Produkt zum selben Preis verkauft, wenn es jemand im Internet günstiger findet. Das haben wir von soaktuell.ch kürzlich erlebt (aber nicht bei Migros) und prompt im stationären Laden gekauft - zum gefundenen Online-Preis. Die stationären Händler müssen sich von den einmal in der HSG mit vielen Excel-Tabellen gelernten Preis- und Margenberechnungen verabschieden. Günstiger verkaufte Ware ist immer besser als keine verkaufte Ware.
Der stationäre Handel kann vielleicht nicht immer den günstigsten Preis anbieten, aber er kann anbieten, das Produkt kostenlos zum Kunden zu liefern und beispielsweise das alte Gerät oder Möbel gleich gratis mitzunehmen und zu entsorgen oder das Möbel gleich aufzubauen. Das kann der Online-Handel nur schlecht bieten oder nur gegen happige Aufpreise. Doch hier ist Migros - aber nicht nur Migros - träge und unflexibel.
Eigene Erfahrungen gemacht und Migros schon vor Jahren Bye-Bye gesagt
Wir vom soaktuell.ch-Team haben die Fehlentwicklungen bei Migros schon vor Jahren erkannt und uns von Migros abgewendet. Die grosskotzige Haltung der Migros uns gegenüber als kleine Internet-Zeitung war beispiellos. Bis heute hat sich nie jemand von Migros entschuldigt, was zeigt, dass die Grosskotz-Mentalität weiterhin Bestand hat und damit die freie Fahrt der Migros gegen die Betonmauer weitergeht.
Alleine die sechsköpfige Familie der Chefredaktion hat früher zehntausende Franken jährlich an den Migros-Konzern ausgegeben (für Lebensmitteleinkäufe, Heizöl, Ferienbuchungen, Unterhaltungselektronik, Skiausrüstungen, Gartenartikel, Möbel, Handy-Abos, Festhypotheken, ja sogar für den Service und die Pneus des Autos). Die Familie hat den Migros-Kontakt systematisch abgebaut auf heute vielleicht noch ein paar wenige hundert Franken im Jahr.
So geht es derzeit Tausenden im Land. Anstatt in Werbespots "Merci" zu sagen wäre es wohl an der Zeit, die Migros würde einmal "Sorry" sagen.
Woraus schliesst der Autor, dass der Migros die Kunden weglaufen? Wer so titelt müsste schon einen Beleg haben. Sonst ist das kein Journalismus.