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Markant weniger freie Stellen: Trendwende am Arbeitsmarkt

Die abflauende Konjunktur erschwert die Stellensuche in der Schweiz und lässt die Geschäftszahlen der Personaldienstleister sinken. Stärke und Geschwindigkeit des neuen Trends überraschen besonders im Feststellengeschäft: Um 20,8 Prozent fallen die Umsätze gegenüber dem Vorjahr. Auch der Rückgang der Einsatzstunden im Temporärmarkt um 4,9 Prozent ist deutlich. Das Doppelminus signalisiert einen wirtschaftlichen Abschwung. Unternehmen zögern aufgrund der schlechteren Auftragslage Dauerstellen zu schaffen und benötigen weniger Temporärpersonal. Im Gesundheitswesen wächst die Nachfrage nach Personal nach wie vor.


swissstaffing / ots

Halbjahresbilanz Q2 2024. Grafik: swissstaffing - Verband der Personaldienstleister der Schweiz / obs.


Die Zeiten des Arbeitskräftemangels sind vorbei. Jana Jutzi, Geschäftsführerin von Careerplus, beobachtet: "Unternehmen handeln aktuell äusserst kostenbewusst. Statt neue Mitarbeiter zu rekrutieren, legen sie Stellen zusammen oder suchen Überbrückungslösungen". Der Fachkräftemangel bleibt jedoch in spezifischen Berufsprofilen bestehen. Besonders überraschend zeigt sich dies in der IT: In diesem Sektor herrschte bislang eine hohe Nachfrage.


Nun fällt die Zahl der Stelleninserate gemäss Lightcast gesamtwirtschaftlich um 25 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal zurück. Der Bedarf nach Netzwerkarchitekten (Q2 2024: 2124 Inserate, +31 Prozent) ist bei Personaldienstleistern jedoch ungebrochen und liegt direkt hinter dem Bauberuf Schreiner (Q2 2024: 3763 Inserate, +41 Prozent), der den grössten Anzeigenanstieg verzeichnete.


Getrieben durch den demografischen Wandel bleibt der Arbeitsmarkt auch im Gesundheitswesen angespannt. Die Inseratezahl steigt auch dort leicht. Jutzi bestätigt die Trends: "Firmen wenden sich weiter mit anspruchsvollen Profilen an uns. Gerade in der IT und im Gesundheitswesen gibt es Funktionen, die kaum besetzt werden können. Die Talente sind sich ihres Wertes bewusst. Nicht selten scheitert eine Vermittlung an Forderungen, die die Unternehmen nicht erfüllen können".


Paradox: Bau schwächelt trotz heisslaufendem Wohnungsmarkt

Während die Haus- und Mietpreise steigen, schwächelt der Bau. Susanne Kuntner, Geschäftsführerin des Personaldienstleisters meinjob sagt: "Die Marktlage auf dem Bau ist schwierig. Aktuell können unsere Kunden ihre Aufträge grösstenteils mit ihrem Stammpersonal bewältigen. Deshalb liegt die Zahl der verliehenen Temporärarbeitenden erstmals seit Jahren deutlich hinter dem Vorjahr zurück". Das belegen auch die Zahlen des internationalen Stellenmarktspezialisten Lightcast: Die Inseratezahl klassischer Berufsprofile wie Kranführern (Q2 2024: 239 Inserate, -68 Prozent), Bodenlegern (Q2 2024 333 Inserate: -50 Prozent) aber auch Hilfsarbeitern (Q2 2024 1180 Inserate: -41 Prozent) ist stark gefallen.


Dr. Marius Osterfeld, Ökonom bei swissstaffing, sieht drei Ursachen: "Die steigenden Zinsen, die geringere Wohnungsnachfrage während der Covid-Krise und komplexe Genehmigungsverfahren verhindern, dass sich das Angebot auf dem Gebäudemarkt rasch anpasst". Die aktuelle Schwächephase auf dem Bau zeigt, dass sich der Wohnungsmarkt auf absehbare Zeit nicht entspannen wird. Es ist mit steigenden Neumieten und längeren Suchdauern zu rechnen.


Neues Kräfteverhältnis: Konsequenzen für Stellensuchende und Personaldienstleister

In der neuen Arbeitsmarktphase verschieben sich die Gleichgewichte zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden - auch wenn die Lage im Vergleich zur Situation vor der Covid-Krise immer noch gut ist. Stete Weiterbildung als Investition in die eigene Arbeitsmarktfähigkeit wird für Arbeitnehmende zunehmend wichtiger. Zudem lohnt es sich, die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt im Auge zu behalten und sich auftuende Chancen zu nutzen. Spätestens im Fall einer Entlassung sollten Arbeitnehmende rasch reagieren und alle Kanäle der Stellensuche nutzen.


Die neue Arbeitsmarktsituation hat auch Konsequenzen für die Rolle der Personaldienstleister: Das Ermöglichen langfristiger, flexibler Arbeitsverhältnisse verliert an Bedeutung. Im Gegenzug gewinnt die Unterstützung von Stellensuchenden bei der raschen Arbeitsmarktintegration an Relevanz. Eine Rolle, die den Personaldienstleistern vertraut ist. Bereits im Jahr 2022 gaben 55 Prozent der Temporärarbeitenden - in einer Umfrage des gfs-zürich im Auftrag von swissstaffing - an, über einen Personaldienstleister zu arbeiten, weil dieser für sie die Stellensuche übernimmt.

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