Kein Geld: Cannabis-Pilotversuch Olten wird nicht weiterverfolgt
In einem Postulat hatten Tobias Oetiker und Laura Schöni den Oltner Stadtrat eingeladen, in Zusammenarbeit mit der Suchthilfe Ost einen Pilotversuch zum Umgang mit Cannabis zu nicht medizinischen Zwecken zu starten. Das Gemeindeparlament hatte den Vorstoss im Mai 2021 mit 22:16 Stimmen erheblich erklärt. Jetzt ist das Projekt gestorben, weil das Geld fehlt.
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Symbolbild von Ahmed Zayan / unsplash.com
In einem ersten Schritt wurde durch die Suchthilfe Ost und das Institut Soziale Arbeit und Gesundheit der HSA FHNW abgeklärt, wer die Cannabiskonsumierenden in Olten sind, wie viele Personen sich für einen Pilotversuch zur Verfügung stellen würden und wie die Teilnehmenden rekrutiert werden könnten. Es konnte festgestellt werden, dass bei den Teilnehmenden der verschiedenen Befragungen der Freizeitkonsum im Vordergrund stand und ein hohes Teilnahmeinteresse an einem städtischen Cannabis-Pilotversuch bestand. Diverse Einflussfaktoren auf die weitere Teilnahmebereitschaft, wie beispielsweise die Produktevielfalt, Datenschutzthemen und die Preisfrage, konnten ebenfalls geklärt werden. Weiter konnten Präferenzen für die Verkaufsstellen abgeklärt werden.
Risiken durch regulierte Abgabe mindern
Die Ergebnisse der Vorstudie in Olten zeigten, dass das Interesse für die Teilnahme von Oltnerinnen und Oltner an einem Cannabis Pilotversuch sehr gross ist und das Potenzial für einen Pilotversuch in der Stadt also gegeben ist. Aufgezeigt wurde auch, dass die Rahmenbedingungen in Olten als Kleinstadt so gestaltet werden können, dass sich die Teilnehmenden sicher fühlen und ein Projekt gut in die bestehenden Strukturen implementiert werden kann. Die Ergebnisse zeigten zudem, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung in Olten regelmässig Cannabis konsumiert und das Produkt mehrheitlich auf dem Schwarzmarkt erworben wird. Weniger als ein Fünftel der Befragten baut selber Cannabis an.
Die Kriminalisierung wiegt für die Konsumierenden schwer und bei den auf dem Schwarzmarkt erhältlichen Produkten gibt es keine Deklaration zu den Inhaltsstoffen und der THC-Konzentration, entsprechend sind die Konsumrisiken erhöht. Gleichzeitig werden viele Konsumierende aktuell von Fachstellen kaum erreicht und erhalten somit auch keine psychosoziale Unterstützung. Alle diese Risiken könnten durch eine regulierte und kontrollierte Abgabe von Cannabis erheblich gemindert werden.
Diese regulierte Abgabe ermöglicht den bereits Cannabis konsumierenden Personen den Schutz vor der ungewollten Einnahme von gefährlichen Zusatzstoffen und kann weiter dazu beitragen, dass die Konsumierenden nicht mit anderen Drogen in Kontakt kommen, wie das auf dem Schwarzmarkt oft geschieht.
Rund 4% der Bevölkerung haben nach aktuellen schweizweiten Studien im vergangenen Monat Cannabis konsumiert. Hochgerechnet auf die Stadt Olten bedeutet dies, dass rund 700 bis 800 Personen aus der Stadt Olten potenziell in Kontakt mit dem Schwarzmarkt treten, um an entsprechende Cannabisprodukte zu gelangen. Durch diesen Pilotversuch können die Teilnehmenden von den Fachstellen erreicht werden, was ebenfalls wichtig für die Gesundheit der Konsumierenden ist. Die Erkenntnisse aus dem Pilotprojekt Olten sollten zusammen mit den Erkenntnissen der anderen Pilotprojekte eine wichtige Basis für eine gesunde Entwicklung der Cannabispolitik in der Schweiz bilden.
In einem zweiten Schritt wurde der Pilotversuch erarbeitet, die verschiedenen Akteure eingebunden, ein Produzent im Kanton Solothurn evaluiert und die Anträge an das Bundesamt für Gesundheit (BAG), die Ethikkommission (EKNZ) und den Schweizerischen Nationalfonds (SNF) eingereicht.
In der Begleitforschung waren zwei Studien geplant: Die Studie I hatte zum Ziel, die sozialen Effekte eines Cannabis-Regulierungsmodells auf Erwachsene sowie allfällige Veränderungen ihres Konsumverhaltens zu untersuchen. Es war geplant eine dreijährige Studie mit ca. 150 Studienteilnehmenden durchzugeführt. Zusätzlich sollten vertiefende Leitfadeninterviews mit ausgewählten Probanden stattfinden. Die Studie II hatte zum Ziel, die Effekte eines Cannabis-Regulierungsmodells auf Jugendliche zu untersuchen, welche von der Teilnahme am Pilotversuch (Studie I) ausgeschlossen sind. Zudem wollte man untersuchen, was für Präventions- und Beratungsangebote Jugendliche kennen, nutzen und sinnvoll finden.
Olten wäre in der Schweiz die kleinste Stadt, die ein solches Projekt umsetzen würde. Sie wollte sich damit als innovative Kleinstadt positionieren und wertvolle Zusatzerkenntnisse zu den Forschungsprojekten in Grossstädten liefern. Das Projekt hätte zudem regionale Wertschöpfung generiert, da der Umsetzungspartner, die Suchthilfe Ost, wie auch der Forschungspartner, das Institut Soziale Arbeit und Gesundheit der HSA FHNW, in Olten ihren Sitz haben.
Finanzierung nicht gesichert
Der Stadtrat hat bei der Kreditgenehmigung für die Erarbeitung des Pilotversuchs festgelegt, dass das Projekt nur durchgeführt werden kann, wenn der Pilotversuch und die Begleitforschung über Drittmittel finanziert werden können. Aus den bereits gestarteten Pilotversuchen in den anderen Städten ist mittlerweile bekannt, dass weit weniger Studiencannabis konsumiert wird, als die Projekte budgetiert haben. Das Projekt in Olten hätte sich über die kleine Verkaufsmarge finanzieren müssen. Die geplante Finanzierung für die Realisierung des Projekts in Olten, also des eigentlichen Versuchs, war daher nicht mehr gegeben. Zudem erfolgte im Frühjahr 2024 auch die Rückmeldung seitens Nationalfonds: Diese war im ersten Durchgang negativ, wobei die Chancen für die Projektförderung bei einer zweiten Eingabe aufgrund der Anmerkungen durchaus gegeben waren.
Die Vertretungen der Sozialdirektion der Stadt Olten, der Suchthilfe Ost und der FHNW haben nun aufgrund der unklaren finanziellen Ausgangslage entschieden, angesichts der Verzögerungen beim Projektstart sowie der stärker ins Zentrum gerückten Crack-Situation den Cannabis-Pilotversuch in Olten nicht weiterzuverfolgen.
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