Gewöhnt euch schon mal an Donald Trump
Könnten Schweizerinnen und Schweizer wählen, würden drei Viertel Kamala Harris zur neuen US-Präsidentin wählen. Nur 13 Prozent würden Donald Trump die Stimme geben. Das ergab eine kürzlich veröffentlichte Umfrage. Schade. Denn wahrscheinlich geht es in die andere Richtung. Wählen können die US-Amerikaner, nicht wir. In den USA sieht es ein paar Tage vor der Wahl ganz anders aus, nämlich 48:48 Prozent. Die restlichen 4 Prozent der Wählenden sollen angeblich noch unentschlossen sein.
Official White House portrait of President Donald J. Trump von Shealah Craighead / Wikimedia
Die öffentliche Meinung stimmt nur selten mit der veröffentlichten Meinung überein. Vor allem bei Präsidentschaftswahlen in den USA. Die Amerikanerinnen und Amerikaner sind näher dran. Und sie ticken anders als wir Europäer. Seit Jahren ist die politische Stimmung im Zwei-Parteien-Staat dermassen festgefahren, dass selbst hunderte Millionen Franken teure Wahlkampagnen nichts mehr bewegen können. Wer republikanisch wählt, wählt immer republikanisch und lässt sich nie und nimmer vom Gegenteil überzeugen. Umgekehrt gilt dies auch für die Demokraten. Dazwischen wird der Block mit wechselnden Wählerinnen und Wählern immer kleiner.
Gewiss. Der ehemalige Präsident Donald Trump mag im Umgang mit Menschen und der Wahrheit umstritten sein. Aber je mehr die Medien und Gerichte auf ihm herumhaken, desto mehr bindet er seine Wählenden an sich. Denn Medien und auch Gerichte gelten in den USA bei vielen als parteiisch.
Auf der anderen Seite ist Kamala Harris. Eine Frau, die im Wahlkampf den grössten Fehler gemacht hat, den man machen kann. Sie ist inhaltlichen Diskussionen so weit wie möglich ausgewichen und hat auch inhaltliche Interviews abgelehnt. Ob es genügen wird, einfach nur gegen Trump zu sein, wird sich zeigen. Hinzu kommt die Frage, die sich niemand zu stellen traut und über die auch in den USA niemand spricht: Sind die Amerikanerinnen und Amerikaner bereit für eine farbige Frau im Weissen Haus? Man bedenke, dass rund die Hälfte der Bevölkerung eher aus ländlichen Gegenden stammt und eine konservative, oftmals von Religion geprägte Prägung mit sich bringt. Und: Traut man es eher Kamala Harris oder eher Donald Trump zu, mit den Russen und den Chinesen fertig zu werden?
Fakt ist: Trump gibt in den letzten Tagen vor der Wahl den Ton an. Vizepräsidentin Harris, die im Sommer als Kandidatin für Präsident Joe Biden (81) einsprang, reagiert. Tagelang zog Trump alle Aufmerksamkeit auf sich. Bei seinem Arbeitseinsatz im Fast-Food-Lokal wirkte er humorvoll, aber nicht lächerlich, authentisch und trotz hohen Alters energiegeladen. Harris hingegen ist heute noch die Antwort schuldig, bei welchem McDonald’s sie gearbeitet haben soll. Weiterhin bekundet sie Mühe, zu erklären, warum man sie wählen sollte – ausser dafür, dass sie nicht Trump ist.
Die neusten Zahlen zeigen einen leichten Vorteil Trumps, da sich die Umfragewerte seit etwa drei Wochen zu seinen Gunsten entwickeln. Die Wettbörse Polymarket sieht seine Siegeschancen bei 64 Prozent, ihre bei 36 Prozent. Der Hype um Harris flaut ab, wie die durchschnittlichen Umfragewerte bei «Real Clear Politics» in den sieben entscheidenden Swing States zeigen. Trump führt knapp in Pennsylvania, Michigan, Wisconsin, Nevada und North Carolina, etwas deutlicher in Georgia und Arizona.
Wichtig ist, dass Trump in Umfragen traditionell schlechter abschneidet, als bei Wahlen. Denn die Umfragen werden meistens von Organisationen gemacht, die sich in Städten befinden. Und die Republikaner werden in Umfragen fast immer schlechter eingeschätzt, als die Demokraten. Gut möglich, dass die Sache am Wahltag gar nicht so eng wird und Trump mit einem relativ deutlichen Ergebnis ins Weisse Haus gewählt wird.
Hoffen wir, dass er es danach der Schweiz nicht übel nimmt, dass ihn hier nur 13 Prozent gewählt hätten.
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