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Einkaufstourismus boomt: "Neue Zollfreigrenze geht uns am A.... vorbei"

Autorenbild: AdminAdmin

Der Bundesrat wollte mit einer Senkung der Zollfreigrenze von 300 auf 150 Franken den Menschen einerseits mehr Steuergeld aus dem Sack ziehen, andererseits den Einkaufstourismus bremsen. Der Teil mit den Mehreinnahmen dürfte gelingen, aber den Einkaufstourismus eindämmen kann der Bundesrat mit dieser Massnahme nicht, wie ein Augenschein am Samstag in Weil am Rhein verdeutlicht. Im Gegenteil.

Volle Autos mit vollen Kofferräumen auf der Rückfahrt in die Schweiz. Im Hintergrund das "Rheincenter" in Weil am Rhein, beliebt bei Einkaufstouristen aus den beiden Basel, aus Solothurn und Bern oder Luzern. Der Einkaufstourismus boomt, trotz neuer Zollfreigrenze. Es sitzen einfach mehr Leute in den Autos und die maximale Freigrenze wird bis auf den letzten Franken ausgereizt, was früher nicht der Fall war. Bild: soaktuell.ch
Volle Autos mit vollen Kofferräumen auf der Rückfahrt in die Schweiz. Im Hintergrund das "Rheincenter" in Weil am Rhein, beliebt bei Einkaufstouristen aus den beiden Basel, aus Solothurn und Bern oder Luzern. Der Einkaufstourismus boomt, trotz neuer Zollfreigrenze. Es sitzen einfach mehr Leute in den Autos und die maximale Freigrenze wird bis auf den letzten Franken ausgereizt, was früher nicht der Fall war. Bild: soaktuell.ch

Laut einer Studie der Universität St. Gallen, soll die Halbierung der Zollfreigrenze 20 Prozent weniger Einkaufstouristen bringen. Doch wo in der Schweiz sollen die 20 Prozent der Einkäufe getätigt werden, wenn das grenznahe Ausland angeblich ein Stück weit wegfallen soll? Bei Migros sicher nicht. Gerade das Chaos und die Enttäuschungen, welche Migros seit Monaten in der Schweiz verursacht, treibt die Einkaufstouristen in Scharen über die Grenzen. Im Januar und Februar 2025 waren die Volumen durch Einkaufstouristen in Deutschland zwar noch etwas tiefer. Es musste sich wahrscheinlich alles zuerst etwas einspielen. Doch seit Anfang März geht die Post richtig ab.


Bei einem Augenschein am Samstag, 8. März 2025, in Weil am Rhein wurden wir tatsächlich von langen Autoschlangen erwartet, rein nach Deutschland. Zu Tausenden fuhren die Einkaufstouristen über die Grenzen. Im "Rheincenter", unmittelbar auf der deutschen Seite der Grenze, war im riesigen Parkhaus kein Parkplatz mehr zu kriegen. Alle Kassen waren voll besetzt. Der Rubel rollte. Und das an einem Tag, weit weg vom Zahltag-Termin. Das Personal musste die Regale ständig nachfüllen.


Auch Paket-Dienste, an die man im Internet gekaufte Waren schicken und dort abholen kann, boomen. Denn damit können die hohen Portokosten für Pakete in die Schweiz gespart werden.


Wie Zöllnerinnen und Zöllner gegenüber der Zeitung "Blick" übereinstimmend berichten, habe die neue Regelung der Zollfreigrenze durchaus Folgen: «Es sitzen jetzt einfach mehr Leute in den Autos», sagt einer, gemäss "Blick". Ähnliche Beobachtungen machte auch "Swissinfo" an den Grenzübergängen zu Italien. Zahlen zu dieser Beobachtung gibt es nicht; es wird nicht erfasst, wie viele Personen in einem Auto an der Grenze sitzen. Klar ist aber: Mit diesem Trick lässt sich das mehrwertsteuerfreie Budget wieder etwas nach oben mogeln. Denn wenn beispielsweise vier Personen in einem Auto unterwegs sind, dürfen sie insgesamt Ware im Wert von 4 x 150 Franken, also total 600 Franken, zollfrei in die Schweiz einführen.


Die Zöllner machen zwar Kontrollen, aber halt nur stichprobenartig und nicht ständig. Am Samstag kontrollierten sie mal wieder eine Stunde lang 200 Meter nach dem Grenzübergang, um Einkaufstouristinnen und -touristen zu büssen, die Waren im Wert von mehr als 150 Franken pro Person unverzollt im Auto haben. Sonst war der Grenzübergang unbesetzt. Wir haben gelernt, dass man von allen Autos auf der Gegenfahrbahn mit kräftigem Lichthupen gewarnt wird, wenn Kontrollen ein paar hundert Meter hinter der Grenze gemacht werden. Einkaufstouristen scheinen zusammen zu halten.


Nicht nur mehr Leute im Auto, sondern auch mehr Fahrten

"Uns geht die neue Zollfreigrenze am Arsch vorbei", sagte ein Mann aus dem Fricktal. Wir fahren nun wöchentlich nach Weil am Rhein oder nach Rheinfelden (DE) zum Einkaufen und nicht mehr nur einmal im Monat. "Und wenn wir dort sind, reizen wir die Zollfreigrenze voll aus."


Das ist tatsächlich auch uns von der Redaktion soaktuell.ch so passiert. Drei Personen waren wir im Auto. Zollfreier Warenwert also 450 Franken (3 x 150 Franken). Da wir Toilettenartikel und Lebensmittel für umgerechnet 350 Franken beisammen hatten, kauften wir gleich noch 3 Paar Schuhe im Wert von 100 Franken, um auf die 450 Franken zu kommen. Schuhe, die wir sonst wahrscheinlich in der Schweiz gekauft hätten. Aber wenn man schon mal da ist und einem Bundesrätin Keller-Sutter faktisch vorschreibt, für wie viel man einkaufen soll, dann "vamos". Das geht vielen so, wie unsere Umfrage vor Ort gezeigt hat.


Für die meisten ist die Zollfreigrenze beim Einkaufen ennet der Grenze schlicht irrelevant. Denn die Preise in Deutschland sind gerade bei den Produkten, die in der Schweiz sehr teuer sind, seit Jahresbeginn noch einmal gesunken, teilweise sogar um mehr als die Schweizer Mehrwertsteuer.


Der Schuss geht nach hinten los

Es kann sein, dass Finanzministerin Keller-Sutter den Leuten ein paar Franken mehr Mehrwertsteuer aus dem Sack ziehen kann. Der Einkaufstourismus lässt sich damit aber wie erwartet nicht eindämmen. Im Gegenteil: Der Schuss wird nach hinten losgehen, weil viele nun mehr Personen im Auto mitnehmen als früher und die Freigrenze bewusst bis auf den letzten Franken ausgereizt wird, was früher niemand gemacht hat. Und je mehr Leute sich vom Einkaufstourismus anstecken lassen (vor allem Kinder und Jugendliche), desto mehr Einkaufstourismus wird es künftig geben. Aber die Schweizer Politik wollte es so.


Die Vertrauenskrise, die Migros derzeit in der Schweiz schürt, die immer wieder leeren Regale wegen Lieferschwierigkeiten und wegen angeblich laufenden Preisverhandlungen mit Lieferanten, nerven die preisbewusste Kundschaft dermassen, dass der Gang über die Grenze schon fast als Alternative empfohlen werden muss.


Kein Wunder, wird schlicht mehr über die Grenze gefahren, auch für kleinere Einkäufe. Denn die Parkplätze sind dort meistens gratis und unter der Woche reichlich vorhanden. Am Samstag jedoch war "full house" in Weil am Rhein und wahrscheinlich auch im deutschen Rheinfelden. Die Gartencenter in Binzen (DE) meldeten uns ebenfalls Rekordumsätze. Und dies, obwohl Kartenzahlungen am Samstag in deutschen Läden aus technischen Gründen teilweise nicht möglich waren. Bezahlen konnte man aber auch in bar, mit Schweizer Franken.

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