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Bundesrat eröffnet Krieg gegen Einkaufstouristen

Das günstige Einkaufen im Ausland ist für viele Schweizerinnen und Schweizer kein Luxus, sondern ein zwingendes Muss um überhaupt den Lebensstandard in unserem teuren Land halten zu können. Hinzu kommt, dass jüngst viele Preissenkungen von Produkten in der Schweiz nur aus Angst vor noch mehr Einkaufstourismus zustande kamen. Es gibt so auch Druck auf die Preisgestaltung in der Schweiz. Mit der Senkung der Freigrenze auf 150 Franken pro Person und Tag will der Bundesrat den Einkaufstourismus bekämpfen und mehr Steuereinnahmen generieren. Doch der Schuss könnte nach hinten losgehen.

Symbolbild von hacks / pixelio.de


Seien wir ehrlich: Die Schweizerinnen und Schweizer gehen nicht über die Grenze einkaufen, um die Mehrwertsteuer zu sparen, sondern weil die Waren etwa in Deutschland locker 40-50 Prozent günstiger sind als in der Schweiz. Markant sind die Preisunterschiede immer noch bei allen Produkten, die im Badezimmer stehen, bei Kleidern und Schuhen und gewissen Lebensmitteln.


Auf den 1. Januar 2025 will der Bundesrat - unter Federführung von FDP-Bundesrätin Keller-Sutter - die Freigrenze von heute 300 Franken auf 150 Franken pro Person senken. Ab dann dürfen Waren zum privaten Gebrauch von Reisenden nur noch bis zu einem Gesamtwert von 150 Franken pro Person und Tag steuerfrei eingeführt werden. Ist der Gesamtwert pro Person höher, muss auf den eingeführten Waren die Schweizer Mehrwertsteuer entrichtet werden. Dies kann relativ einfach mit einer App erfolgen.


Dies entspreche einem Auftrag des Parlaments, versucht sich der Bundesrat reinzuwaschen. Doch Insider wissen, dass in den letzten Monaten hinter den Kulissen im Bundeshaus massiv Lobbying aller interessierten Kreise für eine Senkung der Freigrenze gemacht wurde. Die Wirtschaft und vor allem die Detailhändler meinen, dass sich damit der Einkaufstourismus eindämmen liesse. Doch schon heute ist klar, dass eher das Gegenteil passieren wird. Der Bundesrat ist vor den Lobbyisten und aus Gier nach mehr Steuereinnahmen eingeknickt.


Was jetzt passieren könnte:

  1. Die deutschen Anbieter und Händler senken die Preise ihrer Produkte um den Betrag der Schweizer Mehrwertsteuer, also um 8.1 Prozent, womit die Wirkung der bundesrätlichen Massnahmen auf den Einkaufstourismus eliminiert würde. Dies haben einige Gewerbeverbände in Baden-Württemberg bereits in deutschen Medien angekündigt. Die Einkaufstouristen können ihre Ware an der Grenze legal via App abrechnen lassen und haben keine Einschränkungen gegenüber früher.

  2. Benzin ist günstig. Die Einkaufstouristen werden mit dem Auto häufiger und kleinere Mengen über die Grenze einkaufen gehen. Das ist ökologisch eine Katastrophe, aber politisch offensichtlich so gewollt. Parkieren ist im Ausland ja sowieso gratis. Bei noch häufigerem Einkaufen im Ausland verlieren die Schweizer noch vorhandene "Bindungen" zu Migros, Denner, Coop und Co. vollständig.

  3. Sie nehmen die Partnerin oder den Partner, Kinder, Freunde oder Bekannte mit zum Einkaufen über die Grenze und erhöhen so die Gesamt-Freigrenze von 150 Franken x Anzahl Personen. Tendenziell dürfte so noch mehr im Ausland eingekauft werden, als vorher und es kommen noch mehr Menschen auf den Geschmack nach Einkaufstourismus.

  4. Der Kontrollaufwand an den Grenzen wird massiv zunehmen (und damit die Kosten für Kontrollen, die Erhebung der MwSt. und im dümmsten Fall mehr Personal).

  5. Peinlich: Während die deutschen Grenzschützer Ausschau nach Kriminellen und illegalen Einwanderer haben, kontrollieren die Schweizer Kolleginnen und Kollegen auf der anderen Strassenseite Einkaufstaschen. Ein Bild, über das schon heute herzhaft gelacht werden kann. Alle Parteien, die mehr Personenkontrollen an den Grenzen fordern, sollten auf die Barrikaden gehen und bei diesem Einkaufstouristen-Bashing nicht noch mitmachen. Denn in Zukunft bestimmen die Einkaufstüten von Hausfrauen das Geschehen an den Grenzen und nicht die Bekämpfung der illegalen Einwanderung.


"Freigrenzen-Erhöher"

Amüsant aber nicht abwägig ist eine neue Job-Möglichkeit, die uns eine soaktuell.ch-Leserin per Mail verraten hat. Das zeigt, dass die Leute die Senkung der Freigrenze nicht kampflos hinnehmen und schon kreativ werden. Sie schreibt: "So genannte "Freigrenzen-Erhöher" stehen vor der Grenze zur Schweiz am Strassenrand, steigen für 10 Euro ins Auto des Einkaufstouristen ein und verlassen dieses nach der Grenze wieder. Sie gehen zu Fuss zurück über die Grenze und steigen ins nächste Auto ein, welches Bedarf hat. Damit erhöht sich die "Freigrenze" in den Fahrzeugen auf legale Weise um die Anzahl Insassen. Und die "Freigrenzen-Erhöher" können sich in einem halben Tag bei nur 20 Fahrten über die Grenze rasch 200 Euro oder mehr verdienen. Ideal für Studierende oder Schüler."


Das Beispiel zeigt: Der Entscheid des Bundesrats wird als Kriegserklärung an alle Menschen in der Schweiz empfunden, die auf günstige Einkäufe im Ausland angewiesen sind. Es mag sein, dass die Mehrwertsteuer-Einnahmen steigen, aber auch die Kosten. Der Einkaufstourismus wird sich mit dieser Massnahme nicht bremsen lassen. Den Einkaufstourismus verhindern können nur die Schweizer Detailhändler, indem sie endlich die Preise massiv senken.

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