Auto-Markt in der Krise: Kundschaft ist nicht "gelähmt", sie hat den "Verleider"
Mit lediglich 31'000 Zulassungen nach zwei Monaten des Jahres 2025 liegt der Markt für neue Personenwagen der Schweiz auf dem tiefsten Niveau des laufenden Millenniums. Im Vergleich zum bereits schwachen Vorjahr ging das Volumen nochmals um 8,2 Prozent zurück. Gleichzeitig ist kein markantes Nachfragewachstum nach E-Fahrzeugen in Sicht. Der Auto-Markt Schweiz steckt in seiner grössten Krise. Es droht in der zweiten Jahreshälfte ein massiver Arbeitsplatzabbau.
auto-schweiz / ots / Redaktion

Nach dem schwächsten Januar seit der Jahrtausendwende hat sich auch der Marktverlauf im Februar mit 16'212 neuen Personenwagen auf historisch tiefem Niveau bewegt. Nur 2021, mitten in der Covid-Pandemie, wurden im zweiten Kalendermonat noch weniger Neuzulassungen registriert. Im Vergleich zum Februar 2024 muss ein Markteinbruch von 12,5 Prozent hingenommen werden. Auch und gerade bei den als Steckerfahrzeuge zusammengefassten Elektroautos und Plug-in-Hybriden sind keine Marktimpulse spürbar. Die Zahl ihrer Inverkehrsetzungen liegt nach zwei Monaten bei 9'129 und damit gerade einmal 1,5 Prozent höher als zum gleichen Zeitpunkt vor einem Jahr.
Elektroautos können zwar um 11,5 Prozent zulegen, hingegen geht die Zahl neuer Plug-in-Hybride um 15,5 Prozent zurück - die Effekte heben sich in absoluten Zahlen gegenseitig nahezu auf. Der Marktanteil neuer Steckerfahrzeuge liegt mit 29,5 Prozent nach zwei Monaten gerade einmal 2,8 Punkte über dem Vorjahreswert.
Stellenabbau droht
Der Auto-Markt Schweiz befindet sich in seiner grössten Krise seit Jahrzehnten. "Der Markt befindet sich in einer Art Lähmungszustand. Trotz über 200 Modellen auf dem Schweizer Markt bleibt die Nachfrage nach E-Fahrzeugen viel zu tief, um die zum Jahresbeginn um rund 20 Prozent gesenkten CO2-Zielwerte sanktionsfrei zu erreichen", konstatiert auto-schweiz-Präsident Peter Grünenfelder. "Die Anreize für elektrisches Fahren befinden sich in der Schweiz auf zu tiefem Niveau, vor allem im Vergleich mit zahlreichen europäischen Nachbarländern. Die Politik muss sich nun unserem 10-Punkte-Plan für das Gelingen der E-Mobilität annehmen und ihn rasch umsetzen - ansonsten droht in der Schweizer Automobilwirtschaft als drittgrösster Importbranche unseres Landes ein massiver Arbeitsplatzabbau." Anders seien die allein für 2025 drohenden Sanktionszahlungen von bis zu 500 Millionen Franken nicht zu stemmen.
Währenddessen steht in Europa die geltende Regulierung der CO2-Emissionen von Neufahrzeugen auf dem Prüfstein. So kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Vorstellung eines Aktionsplans zur Entlastung der europäischen Automobilindustrie von drohenden Milliarden-Strafzahlungen an. "Die Schweiz sollte sich schnellstmöglich der angekündigten, marktnäheren Berechnung eines Flottendurchschnitts über drei Jahre anschliessen. Auch unser 10-Punkte-Plan nimmt zahlreiche Ideen auf, um sowohl auf der Seite der Vorschriften als auch bei den Rahmenbedingungen für Elektromobilität gleichlange Spiesse mit dem Rest Europas zu schaffen", fasst Direktor Thomas Rücker die Vorschläge von auto-schweiz zusammen. "Dabei fordern wir keine Subventionen, sondern legen den Fokus auf die Schaffung oder Verstärkung von Anreizen für elektrisches Fahren - von mehr Ladeinfrastruktur über günstigere Strompreise bis hin zur Sistierung der Automobilsteuer auf E-Fahrzeuge für fünf Jahre."
CO2-Absenkung im Gleichschritt mit Europa als Ziel
Gleichzeitig beinhaltet der "10-Punkte-Plan zum Gelingen der E-Mobilität" auch regulatorische Massnahmen wie etwa den Verzicht auf kostentreibende "Swiss-Finish"-Regulierung oder die rückwirkende Inkraftsetzung der CO2-Verordnung. Deren Beratung durch den Bundesrat steht erst in nächster Zeit an - und soll dann bereits seit 1. Januar 2025 gelten, so Thomas Rücker: "Die dadurch entstandene Verunsicherung der Branche, gepaart mit einer im Verordnungsentwurf des Bundesrats vorgeschlagenen Überregulierung, ist fast mit Händen greifbar und schlägt sich nun auch in den Marktzahlen nieder. Die Politik ist gefordert, die Handbremse bei der E-Mobilität zu lösen und eine CO2-Absenkung von Neufahrzeugen im Gleichschritt mit den europäischen Ländern vorzunehmen."
Überangebot drosseln
Was auto-schweiz fordert, mag alles seine Berechtigung haben, aber es ist nicht der Hauptgrund für die "Lähmungen" im Auto-Markt. Wenn Neuwagenverkäufe über Jahre einbrechen und Volksabstimmungen über Autobahnausbauten verloren gehen, hat die Autowirtschaft wohl grössere Probleme. Das sind untrügliche Zeichen dafür, dass grundsätzlich ein Wandel in der Bevölkerung stattgefunden hat und wahrscheinlich noch im Gange ist. Da nützt es auch nichts, wenn über 200 Modelle auf dem Schweizer Markt sind und der Bund anfängt, E-Autos in irgend einer Form zu fördern. Mit einem teuren Überangebot kann man sinkender Nachfrage nicht begegnen.
Zu Garagenschliessungen, Stellenabbau (auch bei Importeuren) und Flächenverkleinerungen bei grossen Autohändlern (Liegenschaften Teil-Vermietungen usw.) wird es wahrscheinlich sowieso kommen. Denn die Nachfrage wird einfach immer kleiner. Die Bevölkerung wächst zwar, die Mobilität nimmt zu, aber ein Auto zu haben ist nicht mehr so nötig wie noch vor zehn Jahren. Autos sind vom Allgemeingut zum Luxusgut verkommen. Ein Auto zu haben ist schlicht extrem teuer geworden. Die Anschaffungskosten steigen und damit die Leasingkosten und Versicherungsprämien. Auch die Garagen verlangen immer mehr Geld für den Fahrzeugunterhalt. Mit teuren Autopreisen, schlechten Leasingkonditionen und überrissen hohen Servicekosten hat sich die ganze Autobranche in den letzten fünf Jahren selber massiv geschadet. Die Kundschaft ist nicht "gelähmt", sie hat den "Verleider".
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